Slowakei: Liberaler Newcomer gewinnt wohl überraschend Parlamentswahl
Bratislava
Die bisher noch nicht einmal im Parlament vertretene liberale Partei "Progressive Slowakei" (PS) dürfte laut einer Prognose die Parlamentswahl in der Slowakei überraschend gewonnen haben.
Die vom EU-Abgeordneten Michal Simecka angeführten Liberalen kamen nach diesem inoffiziellen, vom privaten Fernsehsender TV Markiza am Samstagabend veröffentlichten Ergebnis auf 23,5 Prozent. Die monatelang in den Umfragen führende linksnationale Oppositionspartei "Richtung – Slowakische Sozialdemokratie" (Smer-SSD) des ehemaligen Langzeit-Regierungschefs Robert Fico kam demnach mit 21,9 Prozent auf Platz zwei.
Zünglein an der Waage dürften nun die von der Fico-Partei abgespaltenen liberaleren Sozialdemokraten unter Ex-Ministerpräsident Peter Pellegrini werden. Diese Partei mit dem Namen "Stimme – Sozialdemokratie" (Hlas-SD) könnte der PS gemeinsam mit bürgerlichen Kleinparteien zu einer bequemen Mehrheit verhelfen – oder diese verhindern. Im letzteren Fall würde allerdings ein Patt drohen, weil Smer schwer die ausser Hlas noch benötigten weiteren Koalitionspartner finden kann.
Rund 4,4 Millionen Bürger waren aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Das EU- und Nato-Land Slowakei grenzt direkt an die Ukraine und war bisher einer der entschlossensten politischen wie auch militärischen Unterstützer des von Russland angegriffenen Nachbarlands. Fico hatte jedoch angekündigt, er werde die bei der Bevölkerung unbeliebte Waffenhilfe beenden, wenn er an die Macht zurück käme.
TV Markiza hatte überraschend noch vor offiziellem Wahlschluss die Prognose veröffentlicht, ohne aber zunächst die Parteinamen anzugeben. Laut Gesetz ist es verboten, Wahlergebnisse zu veröffentlichen, solange nicht auch das letzte Wahllokal geschlossen hat.
Die am Samstagmorgen begonnene Wahl ging am späten Abend erst mit Verspätung zu Ende. Statt wie vorgesehen um 22 Uhr schlossen die letzten Wahllokale erst um eine Dreiviertelstunde später. Grund dafür waren Probleme in einzelnen Wahllokalen, in denen Wahlkommissions-Mitglieder gesundheitliche Probleme hatten. Laut Gesetz müssen Unterbrechungen der Stimmabgabe durch entsprechende Verlängerung der Wahlzeit ausgeglichen werden.