Mit dem Velo auf Wellen surfen

Martina Schmidt

Seit Anfang Mai dürfen Kinder, Jugendliche und abenteuerlustige Erwachsene den neuen Pumptrack in Plaffeien nutzen. Am Sonntag wird er feierlich eingeweiht. Die FN haben ihn getestet.

Plaffeien

Das Velo, das Thomas Raemy der FN-Journalistin in die Hand drückt, ist kleiner als ein traditionelles Stadtrad, ähnlich wie ein BMX. Der Lenker ist schnurgerade, der Rahmen aus Aluminium, das ganze Rad sehr, sehr leicht. Das Velo hat zwar einen Sattel, auf diesen sollte man auf dem Pumptrack aber verzichten. «Der Sattel ist nur da, um Pause zu machen», erklärt Raemy, Teil des sechsköpfigen Projektteams aus dem Bikeclub Sense-Oberland, dem Plaffeien seinen neuen, asphaltierten Pumptrack zu verdanken hat.

Drei von sechs Mitgliedern des Projektteams (v.l.n.r.): Janine Hübscher, Thomas Raemy und Manuela Huber.
Quelle: Marc Reidy

«Das Ziel ist, dass man ohne zu pedalieren, nur mit pumpen, durch den Track kommt», erklärt Raemy. Pumpen? Den Kindern erkläre er das mit den Begriffen «Gorilla» für die Aktivposition mit gebeugten Beinen und Armen und «Giraffe» für die Erholungsposition, bei der alle Gliedmassen gestreckt sind. Mit dieser Auf- und Abwärtsbewegung des Körpers erzeugt die Fahrerin oder der Fahrer Geschwindigkeit. Eine Federung benötigt das Velo dabei nicht: «Das macht der Körper.»

Thomas Raemy zeigt, wie das Fahren auf dem Pumptrack funktioniert.
Quelle: Marc Reidy

Achterbahngefühl auf dem Velo

Nach dieser kurzen Einführung beginnt die Testfahrt. Das Überqueren der asphaltierten Wellen fühlt sich an wie eine Achterbahn, die Silver Star in light, für die, die schon einmal im Europark waren. Auf dem Hügel der gebeugte Gorilla, dann die gestreckte Giraffe – wie von Zauberhand fährt das Velo, obwohl die Pedale ausschliesslich als Stütze dienen. Die erste Herausforderung ist die enge, schräge Kurve am anderen Ende des Pumptracks. Das Velo möchte unbedingt geradeaus, über die Kurve hinaus, die Journalistin lieber nicht. «Es ist wie beim Snowboarden», erklärt Thomas Raemy, der als Bikeguide im Swiss Bike Park in Oberried Erfahrung mit Anfängerinnen und Anfängern hat. Der Oberkörper gibt die Richtung an. Mit diesem Tipp klappt die Kurve beim zweiten Versuch um einiges besser.

Die Journalistin fährt zum ersten Mal in ihrem Leben einen Pumptrack.
Quelle: Marc Reidy

Anstrengende Aktivität

Schnell ist die Journalistin ausser Atem. Das ständige «Pumpen» geht in die Vorderarme und in die Beine. Aber spassig ist es, dieses Achterbahngefühl, das schnelle Fahren in eine Kurve. Die Sprungschanzen, die auf einer Seite aussen um den Pumptrack herumführen, überlässt sie dann lieber einem Profi. Janine Hübscher, Mitglied des Projektteams und passionierte Velofahrerin, schnappt sich das silberne Aluminium-Rad und fährt los. Im Gegensatz zur Journalistin tritt sie kein einziges Mal in die Pedale, sondern überwindet alle Wellen mit «Pumpen». Auf einem mehrere Meter hohen Hügel am anderen Ende des Tracks hält sie inne. Dann stürzt sie sich und ihr Bike kontrolliert den Abhang hinunter. Kurz ist sie verschwunden, dann ploppt sie wieder auf und fliegt elegant durch die Luft.

Jumps oder Track

Auf dem höchsten Niveau gebe es beim Pumptrack zwei Disziplinen, erklärt Raemy: Einerseits das Racing, bei dem die schnellste Runde zählt, andererseits die Freestyle-Kategorie, bei der es vor allem um beeindruckende Sprünge geht. Es gebe sogar Wettbewerbe, wo die Profis ganz ohne Kette fahren. «Die ganz Guten surfen den Parcours oder machen Doubles», so Raemy. Das ist Bikesprache für: Sie fahren alles auf dem Hinterrad oder überspringen jede zweite Welle.

Profis fahren auf dem Hinterrad durch den Parcours.
Quelle: Marc Reidy

Hauptsache zwei Räder

Die Profis haben für jede Disziplin ein eigenes Bike. Um auf dem Pumptrack in Plaffeien Runden zu drehen, braucht es allerdings kein spezielles Velo. Viele kommen mit dem BMX, aber auch mit einem normalen Stadtrad oder einem Mountainbike. Sogar mit einem Skateboard oder Inline-Skates ist es möglich, durch den Parcours zu kommen. Hauptsache mit Helm: «Beispielsweise mit dem Kickboard haben viele keinen Helm an. Das fänden wir jedoch wichtig», betont Manuela Huber, Mitglied des Projektteams und Geschäftsführerin von Bike Region Voralpen. Schliesslich nutze aber jede und jeder die Anlage auf eigenes Risiko. Seit Anfang Mai – also seit der Pumptrack asphaltiert ist – darf der Track befahren werden. Die offizielle Einweihung findet am Sonntag statt (siehe Kasten).

Asphalt statt Kies: Damit sind die Unterhaltsarbeiten nicht mehr so aufwendig wie früher.
Quelle: Marc Reidy

Spiel und Spass für Kinder

Der Pumptrack ist dabei vor allem bei Kindern und Jugendlichen beliebt. Jeden Dienstag trainiert zudem eine andere Gruppe der rund 100 Kinder, die Mitglied des Bikeclubs Sense-Oberland sind, auf dem Pumptrack. «Es geht dabei um Spiel und Spass», betont Huber. Ein abwechslungsreicher Hindernisparcours unterhalb des eigentlichen Tracks, mit Hindernissen aus Stein und Holz, biete zusätzliches Abenteuer: «Damit die Kinder auch lange am Bikepark Freude haben», so Huber.